Fahrrad Weltreise
Afrika

Fahrrad Weltreise: Interview mit Marc über Kamelkäufe, Gastfreundschaft, Platten, Diebstähle & Malaria

Mit dem Fahrrad auf Weltreise! Marc hat seinen großen Traum in die Tat umgesetzt. Ein wenig Zeit verging, bis ich davon mitbekam. Einerseits, aufgrund der mich vor Jahren plagenden Krankheit, andererseits aber auch, weil der einst in meiner Heimatstadt Chemnitz ansässige Abenteurer seinen Wohnsitz außerhalb Sachsens verlagerte.

Das gilt heute umso mehr, denn Marcs Heimat befand sich zuletzt im Irak, Mauretanien oder Sierra Leone. Halt dort, wo er am Abend sein Zelt aufspannt. Aber was treibt diesen jungen Menschen an, der einst von Chemnitz aus fast jedes Heim- wie Auswärtsspiel von Borussia Dortmund sah, inzwischen aber seit Jahren nicht mehr deutschen Boden berührte? PS: Nein Marc, Botschaften zählen nicht. 😉

In Zeiten, in denen die Aufmerksamkeitsspanne des gewöhnlichen Menschen kaum über die Länge eines TikTok-Videos hinausreicht, scheint ein Interview über jenseits von 15 Minuten Lesezeit gewagt. Aber hey, das gilt für dich sicher nur, bis du davon erfährst, wie ein Kamel nach Marc benannt wurde, der X-te Platten Frustrationen beim Fahrrad-Weltreisenden erzeugte oder wir auf Dinge zu sprechen kommen, die Marc an Deutschland vermisst . Auf geht`s!

Weltreise Interview Marc Tiburski
Möge kein ungebetener Gast das Interview stören…

Interview: Was Marc auf Rad-Weltreise in 3,5 Jahren erlebte

Grüße Marc, schön, dass du dir die Zeit für die vielen Fragen nimmst. Du bist inzwischen fast 3,5 Jahr auf Weltreise mit dem Fahrrad. Wie lange vor dem Startschuss keimte eigentlich erstmals der Gedanke einer solchen Reise auf?

Marc: Eigentlich war ich schon immer neugierig, neue Gegenden zu entdecken. Ich war nie der Typ, der jedes Jahr an den gleichen Ort fährt. Als Teenager habe ich dann angefangen von einer Weltreise zu träumen und habe immer wieder Bücher gelesen von Leuten, die eine solche Weltreise mit dem Fahrrad gemacht haben. Als begeisterter Radler hat das meine Neugierde geweckt.

Was wurde aus deinem Hab und Gut? Besitzt du überhaupt noch materielle Dinge irgendwo in Deutschland oder hast du alles monetarisiert?

Vor meiner Reise habe ich einiges verkauft oder weitergegeben. Der Rest steht bei meinen Eltern.

Lass mich raten: Wie die meisten Weltreisenden hattest du anfangs zu viel Gepäck dabei? Wovon hast du dich mit der Zeit getrennt und gibt es wesentliche Dinge, bei denen du erst auf Reisen merktest, dass du sie brauchst?

Da hast du Recht. Ich habe mit der Zeit so einiges aussortiert. Bei dem ein oder anderen Kleidungsstück habe ich unterwegs gemerkt, dass ich es nicht mehr brauche.

Ich bin froh einen guten Daunenschlafsack dabei zu haben. In 99% der Fälle brauche ich ihn nicht, aber in den 1% der eisigen Nächte bin ich froh ihn zu haben.

Fahrrad-Weltreise: Gastfreundschaft ohne Grenzen

Dein Blog ist überfüllt mit gastfreundschaftlichen Erfahrungen. Möchtest du mal ein paar besondere oder auch typische Anekdoten erzählen, die du erleben durftest?

In den letzten drei Jahr hatte ich so viele großartige Begegnungen. Es passiert mir öfter, dass ich an einem Ort einen Tag bleiben möchte, aber am Ende eine Woche dort bin, weil einfach alles passt.

In Saudi-Arabien und der Türkei wurde ich zu Hochzeiten eingeladen.

In Abu Dhabi hat mich der Manager eines Luxus-Hotels in eines der besten Hotels dort eingeladen. Im Endeffekt war es mir aber wichtiger, dass er sich sehr viel Zeit für mich genommen hat und mir alles gezeigt und erklärt hat.

Gastfreundschaft auf Reisen
Wenn Gastfreundschaft keine Grenzen kennt

In der Türkei wurde ich einmal mitten in der Nacht aufgeweckt und zu einem Mann nach Hause eingeladen. Er konnte nicht verstehen, dass ich gern weitergeschlafen hätte.

Im Iran hat ein Mann einmal darauf bestanden, mir noch etwas mitzugeben. Mein volles Fahrrad hat er nicht akzeptiert und alles einfach irgendwo festgeschnürt.

Ein Gastgeber in Saudi-Arabien hat mich zum Kamel-Kauf mitgenommen und das Kamel nach mir benannt.

Es sind viele eindrückliche Begegnungen entstanden. Ich wurde von reichen Großgrundbesitzern und Managern eingeladen, aber viel öfter war ich zu Gast bei einfachen Arbeitern, Bauern, Gastarbeitern & Verkäufern. Das hat mich oft mehr beeindruckt. Diese Leute haben wenig, aber wollten trotzdem alles mit mir teilen.

Ich könnte noch lange weiter erzählen. Viele Kulturen sind von einer großen Gastfreundschaft geprägt, die aber auch nicht immer einfach ist. Die arabische Kultur beispielsweise sieht es vor, dass ein guter Gast mindestens drei Tage bleibt. Ist man dort kürzer zu Gast, kann es ein Affront an den Gastgeber sein, dass dieser seine Aufgabe nicht gut erfüllt hat und man deshalb schnell wieder weg möchte. Da muss man immer wieder aufpassen niemanden zu beleidigen.

Im Iran ist mir beispielweise die Gastfreundschaft zu viel geworden. Dort hat man als Gast eigentlich keine Freiräume bekommen. Manchmal konnte ich nicht einmal auf die Toilette gehen, ohne dass jemand geschaut hat, dass mir wirklich nichts passiert. Wenn ich mal einfach eine kleine Tour durch die Stadt machen wollte, wurde ich begleitet. Alles gut gemeint, aber nicht immer einfach.

Ich pflege gerne zu sagen: Was ist der Unterschied zwischen der deutschen Gastfreundschaft und der persischen/arabischen Gastfreundschaft? In Deutschland fragt der Gastgeber: “Wann gehst du morgen?” Dort wird man gefragt: “Warum gehst du morgen?”

Fahrrad Weltreise: Platten, Diebstähle & sonstige Probleme

Eine Fahrradweltreise klingt zusätzlich herausfordernd: Wie viele Platten hattest du bislang?

Mein Fahrrad hat mir so einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Irgendwann habe ich aufgehört die Platten zu zählen. Aber vermutlich bin ich inzwischen so bei 60 bis 70. Lag auch daran, dass ich zeitweise keine guten Reifen bekommen habe. Inzwischen liegt mein Schnitt so etwa bei einem Platten alle 4.000 Kilometer.

Ich habe aber gelernt: Wo ein Problem ist, ist auch eine Lösung. Und so manch eine Panne war auch eine gute Chance, um neue Leute kennenzulernen.

Fahrrad Weltreise Panne
Bei etwa 70 Platten ist obiges Dilemma fast ein gewohntes Bild auf Fahrrad-Weltreise

Im Oman ist mir mal die Sperrklinke im Inneren des Freilauf gebrochen. Es findet dann keine Übertragung der Kraft auf das Rad statt, da die Kassette hinten durchdreht. Ein Einheimischer hat mich zu einem Mechaniker aus Bangladesch gefahren. Der „Laden“ bestand aus zwei Second-Hand-Kinderrädern und einigen Fahrrad-Teilen, die wahllos herumlagen. Dort hat der Mechaniker einen alten Freilauf aufgebrochen und mir die zumindest einigermaßen passenden Sperrklinken eingebaut.

Aus Mangel an Alternativen habe ich auch einmal Bremsbeläge auf die richtige Größe schneiden und schleifen lassen.

Auf einer kleinen Straße mitten im ländlichen Moldawien ist mir einmal ein Pedal gebrochen. Da tauchte ein Auto mit zwei Einheimischen auf und bedeuteten mir zu warten. 5 Minuten später kamen sie mit einem neuen Pedal und dem passenden Schlüssel zur Montage wieder. Ich konnte mich gerade noch bedanken, da waren sie auch schon wieder weg.

Utopisch! Du bist auch nicht mehr mit dem ersten Fahrrad unterwegs, richtig?

Ich habe einmal das Fahrrad gewechselt. Mein ursprüngliches Fahrrad war etwas zu sportlich. Auf dem neuen kann ich das Gepäck besser verteilen und weitere Reifen für das Gelände aufziehen.

Machst du dir Gedanken, dass dein Rad geklaut werden könnte?

Die meisten Gedanken zu einem Fahrraddiebstahl habe ich mir in Europa gemacht. Gerade im letzten Jahr, als ich einige Gebiete in Frankreich und Spanien durchquerte. Dort habe ich schon von Diebstählen von anderen Radreisenden gehört.

In Osteuropa, Asien oder Afrika erkennen viele nicht den Wert eines solchen Fahrrads. Es ist dort eher ein Fortbewegungsmittel für ärmere Leute. Manch einer erkennt dort nicht den Nutzen und würde da wohl auch sehr mit meinem Fahrrad auffallen.

Ich meine mich zu erinnern, dein Smartphone wurde dir mal entwendet. Musstest du weitere materielle Verluste einstecken?

Mir wurde sogar zweimal das Handy gestohlen. Das erste Mal in Kurdistan im Irak. Dort habe ich bis dahin die ehrlichsten und gastfreundlichsten Leute getroffen. Bei einem Abend am Feuer hat mir ein einheimischer Jugendlicher das Handy geklaut. Ich konnte ihn zusammen mit der Polizei identifizieren.

Eine solche Tat ist dort eher unüblich. Daher habe ich es mit dem Fall sogar in die Abendnachrichten geschafft und habe von der örtlichen Telefongesellschaft ein neues Iphone bekommen. Das wurde mir durch eine Unachtsamkeit in Sierra Leone wieder gestohlen. Ein Freund dort hat es irgendwie geschafft es wieder zu beschaffen. Da ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Land war, reist es mir gerade mit einem anderen Afrikareisenden hinterher.

Obwohl ich oft etwas gutgläubig bin und meine Ausrüstung nachts am Fahrrad lasse und auch öfter mal alleine lasse, ist mir bisher glücklicherweise außer mein Handy nie etwas gestohlen worden. Ich habe hin und wieder mal Kleinigkeiten unterwegs vergessen und einmal hat der Wind nachts Kleidung von mir weggeweht, die ich zum Trocknen draußen hatte.

Fahrrad-Reisende haben logischerweise geringe Transportkosten von A nach B. Du hast ja selbst beim Übernachten eine Menge gespart. Zu wie viel Prozent hattest du eine bezahlte Unterkunft und wie verteilen sich die anderen Nächte auf Zelt, Courchsurfing, Einladungen & Co?

Ich hatte mal Statistik dazu geführt, es aber irgendwann wieder aufgegeben. Aber so grob würde ich sagen, dass ich in etwa 60% der Fälle campe. Etwa 30% der Übernachtungen entfallen auf Einheimische.

Das können Bekanntschaften über WarmShowers, Couchsurfing sein oder aber auch einfach jemand, der mich von der Straße weg einlädt. Die restlichen 10% sind dann Übernachtungen in Hotels, Hostels oder Airbnbs.

Weltreise-Übernachtung im verschneiten Zelt
Übernachtungen im Zelt endeten bei Marc auch reichlich verschneit…

Hast du einen Überblick, was die 3,5 Jahre Weltreise gekostet haben und wie finanzierst du die Fahrrad Weltreise?

Derzeit stehen etwa 13.000€ auf der Kostenseite. Das entspricht in etwa 12€ pro Tag. Darin inkludiert sind alle Kosten wie Essen, Übernachtungen, Ersatzteile, Visa und mehr.

Auf der anderen Seite stehen meine Ersparnisse. Die habe ich teilweise in Aktien und ETFs angelegt. Dadurch habe ich ein kleines passives Einkommen durch Dividenden und Zinsen.

Es gibt beispielsweise den Film „Besser Welt als nie“ eines Fahrrad-Weltreisenden, der es bis in die Kinos schaffte. Würdest du dir sowas auch wünschen beziehungsweise verfolgst du ähnliche Projekte?

Ich kann mich besser schriftlich ausdrücken und versuche gerade meine ersten beiden Jahre im Nahen Osten in einem Buch zusammenzufassen. Für einen Film bin ich einfach nicht extrovertiert genug und ich hasse es andauernd die Kamera draufzuhalten. Daher ist mein Bikeaway91-Youtube-Kanal auch ziemlich leer.

Wenn die Weltreise die Psyche fordert: Reizüberflutung & Heimatlosigkeit

Ein Leben ohne feste Heimat fordert die Psyche. Auch wenn du selbst sagst, dass deine Heimat da ist, wo dein Zelt steht… wie oft hast du bereits über ein Ende der Weltreise nachgedacht?

Ehrlich gesagt habe ich öfter Situationen gehabt, in denen ich ans Aufgeben dachte. Wenn es mal wieder Tage lang geregnet hatte und kalt war oder als ich einmal zurück in Europa war und nicht wusste, wie ich weiterfahren sollte. Da war ich schon manchmal an dem Punkt: Was mache ich eigentlich hier?

Weltreise Erschöpfung
Warme Jacke, erschöpfter Blick – die Schattenseiten werden sichtbar

Vor etwas mehr als einem Jahr sprachst du in einem Blog-Posting über Reisemüdigkeit. Vom ausgebrannt fühlen, fehlenden Pausen, Eile ohne durchatmen und der Suche nach etwas, was du selbst nicht definieren kannst. Haben die letzten 15 Monate Veränderungen gebracht?

Eine solche Reise ist voller Höhe- aber auch Tiefpunkte. Ich erlebe immer wieder Augenblicke, in denen ich gerne beispielsweise einfach nur alleine sein und mich etwas zurückzuziehen möchte. Das ist nicht immer einfach. Als Fahrrad-Weltreisender erregt man sehr viel Aufmerksamkeit. Gerade hier in Afrika ist es schwer einen ruhigen Platz zu finden.

Manchmal fällt es mir schwer einen schönen Ort zu würdigen. Ich habe so viele tolle Plätze in den letzten Jahren gesehen, dass viele Dinge normal werden. Manchmal stehe ich schulterzuckend an einer Sehenswürdigkeit, die voller Touristen mit Fotoapparaten ist und frage mich: „Warum?“. Da habe ich schon oft Schöneres und Interessanteres gesehen.

Eigentlich fällt es mir schwer, mich längere Zeit hinzusetzen und nichts zu tun. Jetzt unterwegs komme ich immer wieder an einen Punkt, an dem ich mich einfach nur hinsetze und ausruhe. Es kann echt ermüdend sein, dauernd neue Eindrücke und Umgebungen kennenzulernen. Dann brauche ich einfach eine Pause.

Gibt es eine „schlimmste Erfahrung“, die du durchmachen musstest? Etwas, was dich an die Grenzen brachte?

Glücklicherweise hatte ich bisher noch keine richtig schlimme Erfahrung. Mein nervigstes Erlebnis war wohl die Verweigerung der Einreise nach Tunesien. Möchte man dort via Fähre einreisen, gelten recht strenge Vorschriften und es kann einem willkürlich die Einreise verweigert werden. Aber ich sehe solche Probleme als Chancen. Dadurch habe ich andere schöne Orte gesehen, die ich möglicherweise übersprungen hätte. Manch ein Problem mit dem Fahrrad auf Weltreise wurde zur Chance, gute Leute kennenzulernen.

Jüngst bliebst du meines Wissens erstmals für einen verhältnismäßig langen Zeitraum am gleichen Ort. Musste die Seele Ruhe finden?

Mir fällt immer wieder auf, dass ich einen beständigen Ort für mich vermisse. Während meiner Reise bin ich ständig unterwegs, beinahe jeden Tag woanders. Manchmal ist es aber gut eine Konstanz zu haben und einem kleinen Alltag zu folgen. Es ist ermüdend, die ganze Zeit unterwegs zu sein und nicht zu wissen, wo man schläft und was einen erwartet. Mein Heimweh würde ich daher nicht zwingend als Sehnsucht nach zu Hause beschreiben, sondern eher als Sehnsucht nach einem Platz wie zuhause.

Marcs Weltreise: Motivation & Beziehungen

Was treibt dich eigentlich unverändert an? Und kannst du dir ein Leben an einem festen Wohnort überhaupt noch vorstellen?

Ich würde sagen, dass es meine Neugierde ist, die mich weiter antreibt. Ich habe bisher etwa ein Viertel der Welt gesehen und möchte noch viele neue Orte entdecken. Manchmal denke ich auch, meine größte Motivation ist einfach nur, dass ich nicht wieder in mein altes Leben mit geregelter Arbeit und festen Verpflichtungen zurück möchte. Ich habe die Freiheit gesehen und würde gerne noch ein bisschen so weiter machen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass ich irgendwann an einen Punkt komme, an dem mir mein Leben als Nomade zu viel wird. Und ich bin mir recht sicher, dass ich irgendwann einen Platz finde, an dem ich mich niederlassen werde. Ich weiß allerdings noch nicht wo.

Gibt es bei den ständigen Ortswechseln Beziehungen, die auf der Weltreise entstanden und doch anhaltend sind?

In den ganzen Jahren habe ich so viele Leute kennengelernt. Ich habe auch einige neue Freunde gefunden. Ich würde sagen, dass ich eine Handvoll gute Freunde gefunden habe. Allerdings ist es nicht einfach, diese auch weiter zu pflegen, während ich unterwegs bin. So bleibt es teilweise nur dabei, dass ich einigen auf Social Media folge. Durch meine ständigen Ortswechsel ist es auch beinahe unmöglich etwas längerfristiges aufzubauen.

Ich habe aber vor, nach dem Ende meiner Reise, oder auch teilweise während meiner Reise, einige Freunde noch einmal zu besuchen. Als ich beispielsweise noch einmal durch die Türkei gefahren bin, habe ich den ein oder anderen Umweg in Kauf genommen, um mich mit manchen Leuten wieder zu treffen.

Dein Kumpel Geanuel Tayone ist auf ähnlicher Mission – seit einigen Jahren fährt er durch Afrika. Wie wichtig war der Austausch? Hat er dich zu neuen Gedanken oder Plänen inspiriert?

Auf meiner Reise habe ich viele andere Reisende getroffen. Es tut immer gut sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. So manch einen Ort habe ich nur aufgrund eines Tipps besucht, den mir jemand gegeben hat. Jeder hat auch immer einen anderen Stil zu reisen. Manche sind sehr ähnlich wie ich unterwegs, andere komplett unterschiedlich. Da schaut man sich schon hin und wieder etwas ab oder gibt etwas weiter.

Mauretanien Eisenerzzug
Kein Selfie: im Eisenerzzug in Mauretanien war Marc nicht alleine unterwegs

Was ist eigentlich besser: gemeinsam oder allein auf Fahrrad-Weltreise?

Das ist die große Frage unter den Reisenden. Vermutlich ist es auch ein bisschen abhängig vom Typ. Ich muss sagen, dass ich sehr gerne allein unterwegs bin. Ich bin frei und kann entscheiden, wo ich hingehe und was ich mache, muss mich nicht nach anderen richten. Dennoch bin ich persönlich immer wieder froh, wenn ich eine Zeit lang zusammen mit jemandem unterwegs bin. Dieser Austausch tut gut und es ist immer schön, jemanden zum Reden zu haben. All diese Begegnungen unterwegs sind nur von kurzer Dauer und man kommt auf eine andere Ebene, wenn man länger mit jemandem unterwegs ist. Das tut wirklich gut und ich wünsche mir manchmal mehr zusammen unterwegs zu sein.

Ungewohnte Route: Fahrrad-Weltreise fernab des Mainstreams

Für die meisten ist die übliche Weltreise eine Mischung aus SOA, Australien/Neuseeland, USA und eventuell Südamerika. Du hast genau das Gegenteil in den ersten 3,5 Jahren gewählt. Mit Absicht?

Es hat sich mehr oder weniger zufällig so ergeben. Ich hatte vor meiner Reise keine Route oder einen festen Plan und bin einfach losgefahren. Irgendwann habe ich dann auch gemerkt, dass mich die Orte abseits der ausgetretenen Pfade mehr interessieren als die bekannten Backpacker-Gegenden.

Und sind die typischen Touristenmagnete aus obiger Frage dennoch geplant? Ziehen SOA oder Südamerika dich an?

Ich möchte dort definitiv auch noch hin. Dort werde ich dann sehen, wie lange ich schlussendlich unterwegs sein werde. Ich habe auch von den anderen Orten nicht erwartet so lange da unterwegs zu sein und wurde immer wieder eines Besseren belehrt. Von dem her bin ich da sehr offen und lasse es einfach auf mich zukommen.

Dein Fokus liegt ja nun offensichtlich nicht auf Mainstream-Sehenswürdigkeiten. Was zieht dich an und wie sieht der perfekte Reisetag für dich aus?

Ich liebe es in der Natur zu sein. Wenn ich morgens das Zelt öffne und eine Gebirgslandschaft vor mir habe, bin ich glücklich. Ich war auch an einigen Mainstream-Orten. Ich finde allerdings oft, dass die überbewertet werden und überlaufen sind. Social Media mit bearbeiteten Fotos und posenden Touristen zeichnen einfach oft ein falsches Bild. Ich habe oft viel interessantere Orte an unerwarteten Stellen gefunden. Daher präferiere ich doch eher die Einsamkeit der Berge.

Was Marc auf Fernreise aus Deutschland vermisst…

Hau mal drei typisch deutsche Dinge heraus, die du vermisst.

Beim Essen: Aufgrund der klimatischen Bedingungen ist es schwierig in vielen Ländern guten Käse zu finden. Den vermisse ich doch manchmal genauso wie die guten Kässpätzle meiner Mutter.

Die Ordnung: Ich habe mich schon sehr daran gewöhnt, dass alles lockerer zugeht, aber manchmal finde ich dennoch, dass etwas mehr Ordnung und Regeln guttun würden. In Deutschland weiß ich, dass ich mich auf alles verlassen kann. Es ist sauber und der Verkehr läuft geordnet.

Die Zuverlässigkeit. In Europa weiß ich, dass ich auf ein Wort zählen kann. Wenn jemand zu mir sagt, wir treffen uns um 17 Uhr, dann heißt das meistens auch, dass man sich etwa um diese Uhrzeit trifft. Außerhalb Europas werden die Zeitangaben doch immer sehr gedehnt oder gar nicht eingehalten. Mit einem “wir machen morgen etwas” oder “ich hole dich später ab” kann ich nicht so viel anfangen. Da musste ich schon einiges an Geduld lernen.

Wirst du eigentlich inzwischen hin und wieder erkannt – oder fällt nur auf, dass da jemand mit ungewöhnlicher Hautfarbe Orte fernab des Touristenstroms auf unerwartetem Fortbewegungsmittel erreicht?

Die Kids in den Dörfern hier scheinen ein Radar für Weiße zu haben. Meistens werde ich schon aus weiter Entfernung entdeckt. Ich kann oft nicht einmal anhalten, ohne dass jemand kommt und sich mit mir unterhalten möchte. Das war im Nahen Osten schon so, genauso wie in Afrika. Es ist immer besonders, wenn ein Fahrradfahrer vorbeikommt und die Menschen sind neugierig. Oft werde ich auch extra angehalten, weil sich jemand mit mir unterhalten möchte oder weil mir jemand etwas geben möchte.

Mauretanien Highlight: Kostenneutraler Transport im Eisenerzzug

Eine der bleibenden Erinnerungen war ausgerechnet auf einem anderem Transportmittel. War der Eisenerzzug in Mauretanien das bisherige Highlight und könntest du ein Ranking der Top 5 Erlebnisse aufstellen?

Nach so einer langen Zeit unterwegs fällt es mir immer schwerer ein Ranking aufzustellen. Die Mitfahrt auf dem Zug war auf jeden Fall ein einmaliges Erlebnis. Daneben war ich auch an vielen weiteren interessanten Orten, die mir gefallen haben.

Mauretanien Wüstenexpress

Ich könnte jetzt kein Land nennen, das definitiv das Beste war. Genauso wenig könnte ich eine Top 5 der Orte nennen, die mir besonders gefallen haben. Und manchmal ist es auch einfach echt ein großer Zufall, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein. Manch ein eher unauffälliger Ort wird erst durch ein spezielles Erlebnis wie einen Sonnenuntergang, ein gemeinsames Erlebnis oder eine großartige Begegnung besonders.

Auf Weltreise mit dem Fahrrad von Malaria & Covid konfrontiert…

Malaria und Covid zwangen dich zu Pausen. Erzeugten diese Krankheiten fernab von westeuropäischen Gesundheitsstandards ein mulmiges Gefühl?

Ich war bisher glücklicherweise noch nie an einem Punkt, an dem es kritisch wurde. Der Verlauf der Krankheiten war bisher milde und ich habe daher noch nie wirklich spezielle medizinische Hilfe gebraucht. Ich hoffe einfach, dass meine Abwehr in solchen Momenten gut genug ist, um so etwas auch in abgelegenen Regionen aushalten zu können.

Du bist ja offensichtlich nicht ausgelastet. Warst mit dem Fahrrad richtig hoch auf Bergen, bist kürzlich einen Marathon gelaufen. Wie kam es denn dazu und welche Überraschungen dürfen wir in der Zukunft erwarten?

Vor meiner Abreise bin ich Radrennen gefahren und habe Läufe bestritten. Und so ganz werde ich den alten Wettkämpfer nicht los, der es liebt, sich auch hin und wieder mal Herausforderungen zu stellen. Und wenn es sich da gerade anbietet, nehme ich so etwas eben noch mit.

Zukunftspläne: Macht Marc auf Rad-Weltreise die 100.000 Kilometer voll?

Let`s talk about numbers: Jüngst schriebst du: 1175 Tage, 67.198km, etwa 685.000 Höhenmeter. Was bedeuten dir diese Zahlen und verfolgst du gewisse Ziele wie beispielsweise die 100.000 und 1 Million in den beiden Kategorien?

Natürlich freue ich mich darauf, diese Meilensteine zu erreichen. Ich bin ein Fan von Statistiken und bin neugierig, wie viel ich erreicht habe. Allerdings bin ich nicht zu fixiert darauf ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ich lasse das alles auf mich zukommen und werde am Ende sehen, wie viel ich erreichen werde.

Weltreise Rad Panorama
Alltagsprogramm: Höhenmeter auf Marcs Fahrrad-Weltreise

Vor meiner Abreise habe ich ein kleines Tippspiel mit Freunden gemacht. Alle sollten tippen, über welchen Zeitraum ich unterwegs bin, wie viele Kilometer ich absolviere und einiges mehr. Inzwischen bin ich schon einiges über meinem Tipp…

Vor dem Start hatte ich mir aber schon vorgenommen mindestens ein Jahr unterwegs zu sein und einen neuen Kontinent zu erreichen. Danach wollte ich weitersehen.

What`s next: Wie sehen die nächsten Pläne für dich aus?

Nächstes etwas längerfristiges Ziel ist dann Südafrika. Es wäre einfach toll sagen zu können, dass ich einen ganzen Kontinent aus eigener Muskelkraft durchquert zu haben. Und dann sehe ich wieder weiter. Falls ich dann weiter Lust habe, werde ich noch Ostafrika in Angriff nehmen.

Globushopper: Marc, im Namen aller Leser sage ich dir vielen Dank, dass du dich durch all die Fragen gekämpft hast. Ich wünsche dir maximale Freude auf dem Bike im nächsten Jahr. Lass von dir hören, wenn dein Buch rauskommt!

PS: Und so ungern ich Leser von Globushopper wegschicke: Schaut doch mal bei bikeaway91 auf Instagram vorbei. Es lohnt sich!

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

siebzehn − neun =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.